Europatag mit MdEP Albert Deß

Europa häppchenweise,

so gestaltete sich der kulinarische Abschluss des bundesweiten "Europatages" am 10. Mai 2010 in der Berufsschule Neumarkt. Hatte doch die Nahrungsmittelabteilung unter bewährter Führung von Frau Seitz und Herrn Omlor einen überaus überzeugenden Überblick über ländertypische Köstlichkeiten der EU-Staaten gezaubert.

Zu Gast war MdEP Albert Deß, der es sich nicht nehmen ließ, vor ca. 150 Schülern einen eindringlichen Appell pro Europa zu formulieren.

Begrüßt wurde er von Herrn OStD Albert Hierl, der in seiner Ansprache neben Worten des Dankes auch daran erinnerte, dass sich die Berufsschule Neumarkt schon seit vielen Jahren an europäischen Bildungsprojekten beteilige. Er verwies hier auf die von den Schreinern angefertigte Europakarte aus Holz, auf der die Comenius Partnerschaften dokumentiert sind. Daneben führte er die Schülersprachreisen nach Chester und die in Kürze stattfindende einwöchige Lehrerfortbildung am European College of Business and Management in London als wesentliche Projekte an.

  • 1-b.800.600.0.0.stories.allgemeinbildung.sozialkunde.projekte.Europatag2010.Haeppchenvernichtung
  • 2-b.800.600.0.0.stories.allgemeinbildung.sozialkunde.projekte.Europatag2010.dsc03363
  • 3-b.800.600.0.0.stories.allgemeinbildung.sozialkunde.projekte.Europatag2010.dsc01338g
  • 4-b.800.600.0.0.stories.allgemeinbildung.sozialkunde.projekte.Europatag2010.dsc03378
  • 5-b.800.600.0.0.stories.allgemeinbildung.sozialkunde.projekte.Europatag2010.dsc01347
  • 6-b.800.600.0.0.stories.allgemeinbildung.sozialkunde.projekte.Europatag2010.dsc01358

In seinem 30-minütigen Vortrag stellte Herr Deß vor allem die ganz konkreten Aspekte in den Vordergrund, die den Nutzen für Deutschland bzw. den Landkreis verdeutlichen sollten.

So zeigte er am Beispiel der Firma Bögl aus Neumarkt und der Firma Huber aus Berching, die einen großen Teil ihrer Umsätze auf europäischer Ebene erzielen, die Nachteile auf, die sich ergeben würden, gäbe es keinen europäischen Wirtschaftsraum.

Aber auch mittelständische Handwerksbetriebe aus Deutschland profitierten von dem einheitlichen Wirtschaftsraum. Seine persönlichen Erfahrungen mit einem belgischen Fliesenleger bestärken ihn in der Überzeugung, dass Handwerker aus Deutschland gegenüber den europäischen Kollegen einen großen Standortvorteil hätten, was nicht zuletzt auch auf die gute Berufsausbildung in Deutschland zurückzuführen sei.

Am Beispiel der europäischen Regelungen für Pflanzenschutzmittel machte er deutlich, dass eine einheitliche gesetzliche Vorgabe Wettbewerbsverzerrungen für deutsche Landwirte beseitigt habe.

Einheitliche Umweltschutzauflagen führen dazu, dass die Bürger an der tschechischen Grenze nicht in Abhängigkeit von der Windrichtung ihre Fenster schließen müssen. Jetzt müssten auch tschechische Karftwerke die strengeren EU-Grenzwerte einhalten.

Deß betonte aber auch den seiner Meinung nach wichtigsten Aspekt der europäischen Einigung - den nun fast 66-jährigen Frieden zwischen den europäischen Völkern. Keine Generation vor ihm hätte so eine lange Friedenszeit erlebt.

Am Beispiel der im Gegensatz zu früher einheitlichen Gebühren bei der Handynutzung im europäischen Ausland verdeutlichte er den Schülern einen ganz konkreten Vorteil, den sie Europa verdanken.

Wie erwartet ging es bei der Fragerunde am Schluss dann natürlich auch um die momentanen Schwierigkeiten im Rahmen der Währungsunion. Ein Schüler wollte wissen, welche Länder als nächstes gestützt werden müssten. Herr Deß antwortete hier mit dem Szenario eines Festhaltens an der "guten alten DM". Er stellte die Vermutung an, dass wir mit der DM schon sehr viel früher ins Visier der Finanzmärkte gekommen wären. Insofern gäbe es keine Alternative zu den jetzt getroffenen Maßnahmen, die darauf zielten, die Handlungskompetenz wieder auf die politischen Akteure zu fokussieren. Spekulanten dürften nicht politische Entscheidungsträger ersetzen.
Veranstaltung in der Aula

Auf die Frage eines anderen Schüler bzgl. des Renteneintrittsalters eines griechischen Arbeitnehmers antwortete Deß mit der Feststellung, dass das in Zukunft so nicht mehr gehe. Aber wir sollten auch selbstkritisch sein, es gäbe Orte im Landkreis, die hätten mehrere Frührentnerstammtische. Der älteste Arbeitnehmer sei bei einem Besuch in Möning seines Wissens 59 Jahre alt gewesen, die Älteren wären alle schon in Rente gewesen.

Als Deutsche sollten wir auch wahrnehmen, dass in Deutschland zuerst die Risiken diskutiert würden und dann die Chancen. Im europäischen Ausland sei das umgekehrt.

Herzlichen Dank allen Beteiligten für ihr Engagement bei der Durchführung dieses "Europatages". HäppchenvernichtungMein besonderer Dank gilt Herrn Deß, der sich trotz seine vollen Terminkalenders und eines sehr kurzfristigen Termins in Straßburg die Zeit genommen hat, unsere Berufsschule zu besuchen. Solche Besuche tragen auch zur politischen Willensbildung bei und vielleicht erzählt ja auch einmal ein Schüler in 20 Jahren: "Damals in der Berufsschule habe ich mich das erste Mal für Politik interessiert...".

Mich würde es freuen ...

Trappe
Sozialkundefachbetreuer

Veranstaltung in der Presse:
Neumarkter Nachrichten
Neumarkter Tagblatt

Drucken E-Mail

20 Jahre Mauerfall

Projektwoche 20 Jahre Mauerfall

DDR: Zwischen Anspruch und Wirklichkeit

20 Jahre nach dem Mauerfall verblasst die Erinnerung an die DDR-Geschichte.

Aktuellen Untersuchungen zufolge halten viele Jugendliche Walter Ulbricht für einen antikommunistischen Widerstandskämpfer, die Mauer für ein Nachkriegsbauwerk der Westalliierten und die DDR insgesamt für eine grundsätzlich erfolgreiche Wohlfahrtsdemokratie.

Die Projektwoche, die an der Berufsschule Neumarkt vom 09. November bis zum 13. November 2009 im Rahmen des Faches Sozialkunde stattfand, wollte Ereignisse und Menschen aus 40 Jahren DDR in Erinnerung rufen, Zusammenhänge untersuchen und damit auch einen Beitrag zum gegenseitigen Verstehen der Deutschen in Ost und West leisten.

Im Eingangsbereich war während dieser Woche die Ausstellung "Von der friedlichen Revolution zur Deutschen Einheit" zu sehen. Sehr viele Klassen besuchten diese Ausstellung im Rahmen des Sozialkundeunterrichts.

Daneben wurde die Erarbeitung des Themenbereichs durch Arbeitsblätter bzw. Filme, u.a. von der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED - Diktatur unterstützt.

Höhepunkt dieser Woche war sicherlich der Zeitzeugenbericht von Rainer A. Schubert mit der Überschrift „Verfolgt, verraten, verhaftet ...".

  • 1-dsc03157
  • 2-schubert_zeitzeugenreport001
  • 3-b.800.600.0.0.stories.allgemeinbildung.sozialkunde.projekte.schubert_zeitzeugenreport007
  • 4-schubert_zeitzeugenreport012
  • 5-schubert_zeitzeugenreport010
  • 6-b.800.600.0.0.stories.allgemeinbildung.sozialkunde.projekte.schubert_zeitzeugenreport008

Nach einer kurzen Begrüßung durch den Schulleiter, Herrn OStD Albert Hierl, der in seiner Ansprache die Notwendigkeit der Erinnerns betonte und mit einem leicht abgewandelten Zitat von Willy Brand „...es ist zusammengewachsen was zusammengehört" schloss, begann Herr Schubert vor ca. 200 Schülern mit seinem Zeitzeugenbericht.

Folgten ihm die Schüler bei den einleitenden Worten, mit denen er die damalige politische Großwetterlage beschrieb, schon aufmerksam, so wurde es immer leiser, als er seine ganz persönlichen Begegnungen mit der Justiz der DDR schilderte.

Herr Schubert war als Fluchthelfer tätig und schmuggelte ca. 100 DDR-Bürger nach Westdeutschland. Nachdem er von der Stasi nach Ostberlin gelockt worden war, wurde er verhaftet und zu einer Gefängnisstrafe von 15 Jahren verurteilt. Sein Anwalt war der bekannte Ostberliner RA Wolfgang Vogel, der ihm vorkam wie ein Vertreter der Anklage und nicht wie ein Verteidiger.

Aufgelockert wurde sein Vortrag durch humorige Nebensätze, in denen er u.a. eine Begegnung mit einem Volkspolizisten schilderte, der ihn aufforderte, das Handschuhfach seines Autos zu öffnen. Schubert fragte damals zurück, ob die DDR-Bürger wohl schon so verhungert wären, dass sie ins Handschuhfach passen. In einer anderen „Anekdote" beschrieb er den LKW, mit dem er ins Stasigefängnis Bautzen gebracht wurde. Zur Tarnung stand auf dem LKW „Frische Fische".Schubert: „... der frische Fisch das war ich ...".

Seine Haftstrafe (1975 - 1983) verbrachte er in verschiedenen Stasigefängnissen, darunter 2 Jahre in Einzelhaft im Untersuchungsgefängnis des Ministeriums für Staatssicherheit, Berlin Hohenschönhausen. Danach war er für fast 7 Jahre im Sonderzuchthaus der Staatssicherheit Bautzen II inhaftiert.

Man konnte eine Stecknadel fallen hören bei den Schilderungen seiner Erlebnisse, die er in den Gefängnissen machte. Kaum vorstellbare Formen psychischer Gewalt erlebte Herr Schubert.

So musste er nachts auf dem Rücken schlafen, mit dem Gesicht zur Zellentür, damit die Wachen ihn immer durch das „Guckloch" beobachten konnten. Drehte er sich im Schlaf und schlief dann auf der Seite, traten die Aufseher gegen seine Tür. Wachte er nicht auf, so kamen sie herein und schlugen ihn mit dem Gummiknüppel in die „richtige" Position.

In der Untersuchungshaft wurde er täglich 8- 9 Stunden verhört. Soziale Kontakte hatte er über knapp 2 Jahre nur zum vernehmenden Stasioffizier und seinem „Schließer", der mit ihm nur 5 „Sätze" sprach: „Kommen se, gehen se, nehmen se, Kopf zur Wand, umdrehen". Andere Häftlinge bekam er nie zu Gesicht.

Ausgang im Innenhof des Gefängnisses gab es einmal pro Woche für 30 Minuten, nachts um 03:00 Uhr auf einem, mit einem Stromzaun begrenzten, kleinen Innenhof des Gefängnisses.

1983 wurde er von der Bundesrepublik gegen „Devisen", an denen die DDR immer interessiert war, freigekauft und nach Westdeutschland "abgeschoben".
Herr Schubert zog einige Parallelen zwischen der Zeit des Nationalsozialismus und des Sozialismus. So gab es im Nationalsozialismus Blockwarte, deren Funktion im Sozialismus die sog. Hausvertrauensmänner übernahmen. Die Aufmärsche in beiden Systemen waren gleich. Die Aufgaben der Gestapo (15.000 Mann) wurden im Sozialismus von der Stasi (480.000 Stasimitarbeiter) übernommen.

Besonders ärgerte es ihn aber, dass es nach der Wende viele frühere Stasiangehörige wieder in höhere Positionen geschafft haben und anderen Stasiangehörigen regelmäßig die Rente erhöht wird. „Frühere SED-Politiker sitzen an der Ostsee und fahren Audi, wie Egon Krenz".

Die Jahre in den Stasigefängnissen haben ihn geprägt, aber die Erfahrungen lassen ihn auch klarer Position beziehen.

Zum Schluss gab er den Schülern noch den Rat, an seine Erfahrungen zu denken, wenn ihnen jemand erzählen will, wie toll der reale Sozialismus war. Gleichzeitig betonte er aber, dass seine Zeitzeugensicht sehr subjektiv sei und zur einer umfassenden Meinungsbildung sicher auch noch andere Quellen gehörten, die die Schüler auch nutzen sollten.

Herzlichen Dank Herr Schubert für diese überaus lebensnahe Schilderung Ihrer Geschichte, die unseren Schülern einen wertvollen Einblick in diese Zeit gewährt hat.

Eine Zeit, die sie nur noch aus Erzählungen anderer Menschen bzw. aus Medienberichten kennen, sind doch viele der Zuhörer erst nach 1989 geboren. Hier ist Geschichte bzw. Sozialkunde begreifbar geworden. Lange nach der abschließenden „Fragestunde" wurden die Inhalte dieses Zeitzeugenberichts von Schülern und Lehrern - teilweise kontrovers - noch diskutiert.

Das Fach Sozialkunde lebt von solchen unterschiedlichen Auffassungen, so wird Sozialkunde besonders lebendig.

Authentischer als durch einen Zeitzeugen kann man Geschichte bzw. sozialkundliche Zusammenhänge nicht erfahren. Das war eine interessante Gelegenheit „Politik" zu erleben!

Trappe
Sozialkundefachbetreuer

Weitere Veranstaltungen an Bayerns Schulen zum Thema "20 Jahre Mauerfall" :
http://www.bayern.de/Wege-in-die-Freiheit-.2309.10283234/index.htm

Drucken E-Mail

Wir benutzen Cookies

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.