Dichterlesung 2008

„Zum Nouchdenka"

Heimatdichter liest an unserer Berufsschule

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Im Rahmen der alljährlichen Lesereise bot dieses Mal Friedrich Brandl einen Querschnitt durch seine Lyrik in Oberpfälzer Mundart. Aber der gebürtige Amberger schwelgt nicht in bajuwarischer Folklore; seine meist kurzen Gedichte kommen ganz ohne Klischees aus, rühren an, ohne in Rührseligkeit abzugleiten. Obwohl seine Verse wegen ihrer einfachen, doch nie anspruchs-losen Sprache stets verständlich bleiben, lassen sie genügend Raum für persönliche Interpretation, erlauben eigene Asoziationen. Denn Brandl spielt mit Worten und Gedanken, rüttelt plötzlich auf durch überraschende Wen-dungen, zieht Gewohntes, Selbstverständliches in Zweifel und zwingt so zum Nachdenken. So geht seine Lyrik nicht nur ins Ohr, sondern dringt tiefer. Genau das macht sie für Junge und Ältere gleichermaßen attraktiv. Kein Wunder also, dass die Schülerinnen und Schüler der Klassen DBFH 10, DBFH 12, WEH 10a, WIN 11b und WJA 10b der Lesung sehr aufmerksam folgten. Auch die diesjährige Veranstaltung wurde wieder vom Friedrich-Bödecker-Kreis in dankenswerter Weise unterstützt.

Zunächst wandte sich der Dichter den menschlichen Beziehungen zu. Er berichtete über persönliche Erfahrungen mit dem Tod ihm nahe stehender Menschen und reflektierte mit Hilfe einiger seiner frühen Gedichte, wie brüchig alltägliche Beziehungen sind, über die Abgründe im menschlichen Ich, und wie schwer es ist, im eigenen Inneren zu graben, um Verschüttetes, Verdrängtes freizulegen.

Er sei, so Brandl weiter, sehr naturverbunden und wandere deshalb leiden-schaftlich gern. Zusammen mit Harald Grill und Bernhard Setzwein sei er von Pilsen nach Amberg und dann von Pilsen nach Prag gewandert. „Wege von gestern heute neu begehen" gebe neue Perspektiven und Einsichten, lenke den Blick in unerwartete Richtungen, auch auf Probleme am Rand der Gesell-schaft, wie z.B. die jungen Mädchen, die in Tschechien am Straßenrand stehen, auf Freier wartend.

Beim Wandern fasziniere ihn nicht so sehr das schnelle Laufen, sondern er habe im Gegenteil die Langsamkeit für sich entdeckt: „Weil ma mehr sicht, wenn ma Zeit hot." Ob Steine im Flussbett oder zerbrechlicher Schiefer als Untergrund vergänglicher Liebesbriefe – Rohstoffe der Natur liefern Brandl Ideen für Verse mit tiefem Sinn. Für ihn ist es jedes Ding wert, hinterfragt zu werden. Nahezu alles ist ihm Zeichen der Vergänglichkeit, selbst der ober-pfälzer Granit, diesem scheinbar dauerhaften Material für die Ewigkeit, das letzten Endes doch zu „weißer Erde" zerfällt. Bei all diesen Gedanken hebt der Dichter nicht ab, sondern bleibt fest verwurzelt im Boden seiner Heimat.

Am Ende seiner Lesung brachte er noch zwei Gedichte zum Nachdenken: „Das Positive" wandte sich sarkastisch gegen Spötter und nörgelnde Besserwisser, und „Am See mit Dir" belegte, welch hohen Stellenwert für ihn echte menschliche Nähe hat.

Anschließend gab Friedrich Brandl, der pensionierte Lehrer, den jugendlichen Zuhörern Gelegenheit, Fragen an ihn zu richten. Als einer wissen wollte, wie er denn auf seine Ideen komme, verriet er, dass er eigentlich immer Notizblock und Stift mit sich führe, um Einfälle gleich in Stichpunkten festhalten zu können. Was ihn zum Dichten gebracht habe? Seine eindeutige Antwort: Die politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse in der Oberpfalz, vor allem der Umweltschutz, weit über Wackersdorf hinaus, eben der Alltag der Menschen hier. Wie lange er brauche, ein Gedicht fertigzustellen, sei recht unterschied-lich. Dass eines sehr schnell entstehe, quasi durch einen Kuss der Muse, sei eher die Ausnahme. Fast immer investiere er viel Arbeit und Mühe, bevor er mit einem seiner Gedichte zufrieden sei.

Der Beifall am Schluss bewies, dass der Dichter mit seinen Mundartgedichten selbst, aber auch mit seiner packenden Art der Präsentation bei seinen jugendlichen Zuhörern sehr gut angekommen ist.

Auch über ein kleines Andenken freute sich Herr Brandl sichtlich. Im Namen der Schulleitung und des gesamten Kollegiums überreichte der Fachbetreuer als Dank eine Buchstütze, die Schüler der Holzfachklassen angefertigt haben.

Kranzler, StD

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Dichterlesung: Erzählungen aus der Justiz

Die Schülerinnen und Schüler der Klassen WVK 10 b, NBä 12 b, WIN 10 b und WBK 11 c füllten den Saal S 114 fast bis auf den letzten Platz und lauschten gespannt dem Schriftsteller Benno Hurt, der auf seiner Lesereise durch die Oberpfalz im November auch unsere Schule besuchte. Gefördert wurde die Lesung auch diesmal vom Friedrich-Bödecker-Kreis.

Der Autor, pensionierter Jugendrichter, preisgekrönter Schriftsteller und Fotograf, Kulturpreisträger der Stadt Regensburg, las nicht einfach einzelne Erzählungen aus seinem Buch ‚Der Samt der Robe', sondern beschrieb zudem teils liebevoll ironisch, teils drastisch deutlich die tatsächlichen Fälle, die ihn zum Schreiben der ‚Erzählungen aus der Justiz' animiert haben. So merkten die Zuhörer rasch, dass der Gerichtsalltag keineswegs dem Bild entspricht, das im Fernsehen gezeigt wird. Sie konnten klar erkennen, dass diese Geschichten nicht ausgedacht sind, sondern das wahre Leben beschreiben, gebrochen zwar, reflektiert und verfremdet, aber immer noch wirklich. So wirklich, dass ein ehemaliger Kollege aus dem Landgericht glaubte, sich in einer der Figuren wiederzuerkennen und eine einstweilige Verfügung gegen das Buch erwirkte. Um der angedrohten Strafe von 250 00 Euro zu entgehen, musste in allen noch vorhandenen Exemplaren der Name der betreffenden Person geschwärzt werden. Diese und andere Episoden wirkten, nachdem sie ja gut ausgegangen waren, auf das Publikum eher erheiternd. Zugleich aber wiederholten und verdeutlichten sie Begriffe aus der Justiz und verbanden so diese besondere ‚Deutschstunde' mit dem Fach Sozialkunde.In den beiden Erzählungen ‚Die Gerichtsreporterin' und ‚Die Besuchserlaubnis' nimmt Benno Hurt die Sensationsgier des modernen Menschen und die Rolle der Medien aufs Korn. Nicht nur die Gerichtsreporter oder das Publikum bei den Verhandlungen, sondern die Öffentlichkeit allgemein sehnen sich geradezu nach Gewaltschilderungen. Noch nachdenklicher wurden die jugendlichen Zuhörer, als der Ex-Richter die Missstände im Strafvollzug ansprach, wie zum Beispiel die brutale Gewalt von Häftlingen untereinander. Schon aus diesem Grunde sei jeder Richter nicht nur der Rechtsstaatlichkeit verpflichtet, sondern ebenso der Menschlichkeit. Auch hierzu nannte der Vortragende aktuelle Beispiele und beantwortete Fragen der Zuhörer.Die erschütternde Geschichte ‚Andrej oder Die Lichter der Stadt' bildete den dramatischen Höhepunkt. Mit einfachen Worten, die aber gerade deshalb so unter die Haut gehen, schildert Hurt hier das Schicksal eines jungen Rußlanddeutschen. Nirgendwo wirklich daheim, gerät dieser in den Teufelskreis von Jugendkriminalität und Drogenabhängigkeit. Beherrscht vom ‚Gesetz der Straße' und seiner Gruppe hörig, führt sein Weg in die Katastrophe.

Der Beifall der Berufsschüler/Innen zeigte deutlich, dass ihnen die Lesung sehr gefallen hat. Manch einem wird das Gehörte noch länger durch den Kopf gehen. Damit hat der Autor viel erreicht. Herr Hurt wiederum freute sich über das kleine Andenken, das ihm der Fachbetreuer überreichte: eine Buchstütze, von Schülern der Holzabteilung angefertigt.

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