„Hier haben wir nicht nur unsere Kleidung verloren, sondern auch unsere Seelen.“     (2)

Besuch der KZ-Gedenkstätte Flossenbürg

Fachklasse für das Schornsteinfegerhandwerk BKK 11 des Staatlichen Beruflichen Schulzentrums Neumarkt, Außenstelle Mühlbach

„Obwohl ich Flossenbürg so schnell wie möglich verließ, hat Flossenbürg mich nie verlassen. Für uns, die ehemaligen Häftlinge, wurden die wiederkehrenden Erinnerungen an die Ereignisse der Vergangenheit zum Fundament unseres Lebens“ (Jack Terry, Lagerhäftling im KZ Flossenbürg).

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Das Konzentrationslager Flossenbürg wurde 1938 von den Nationalsozialisten errichtet. Ein Teil der Gebäude sind bis in die heutige Zeit erhalten und können von den Besuchern besichtigt werden, wie z.B. die Kommandatur oder das Krematorium.

Die Nationalsozialisten entschieden sich für den Ort Flossenbürg in der nördlichen Oberpfalz, da es neben einer funktionierenden Bahnverbindung auch einen Granitsteinbruch mit umfangreichen Granitvorkommen gab. Mit diesem von den Insassen des Konzentrationslagers abgebauten Granit wollten die Nationalsozialisten unter der Führung von Hitler in Berlin u.a. ein überdimensionales Stadion für das Volk mit einem Fassungsvermögen von über 400.000 Zuschauern errichten.  Granit war für die Nazis das typische Baumaterial, mit dem sie den Wahn vom Tausendjährigen Reich errichten wollten.

Ein Rundgang in der Gedenkstätte Flossenbürg

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Der Rundgang beginnt bei der Kommandantur mit einem Torbogen in der Mitte, durch den die Häftlinge das Konzentrationslager erstmals betraten. Schließlich ging es für die Häftlinge auf dem Appellplatz weiter. Hier mussten die Häftlinge eine tägliche menschenverachtende Prozedur über sich ergehen lassen und bei eisiger Kälte stundenlang stehen, bis der Abzählvorgang zu Beginn und gegen Ende des Tages abgeschlossen war. Bei jedem Verstoß gegen die geltenden Lagerregeln wurden sie von den Kapos verprügelt.

Vom Appellplatz aus kann der Besucher noch gut erkennen, wo die Baracken der Häftlinge  standen.

Nach dem Appellplatz ging es für die neu angekommenen Häftlinge  in das angrenzende Gebäude, wo den Häftlingen alle ihre persönlichen Sachen abgenommen wurden, ihnen die  Haare abrasiert wurden und wo ihre Name gegen eine Nummer ausgetauscht wurde.

Damit wurde den Menschen ihre Identität genommen und sie wurden auf eine Nummer reduziert. Im ehemaligen Lagergefängnis wurden Häftlinge, die sich nach Ansicht der Aufseher  falsch verhalten hatten, auf grausame Art gefoltert.

Unter anderem war auch Dietrich Bonhoeffer, ein Widerstandsaktivist und evangelischer Pfarrer, in Flossenbürg inhaftiert. Kurz vor der Befreiung des KZ Flossenbürg durch die eintreffende amerikanische Armee wurde Dietrich Bonhoeffer am 09. April 1945 von den Nationalsozialisten noch im KZ Flossenbürg mit weiteren inhaftierten Häftlingen erhängt.

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Vom Lagergefängnis aus sieht man noch Teile des Granitsteinbruchs in dem man die Häftlinge unter miserablen Zuständen arbeiten ließ. „Dieser verfluchte Steinbruch! Wie viele unzählige Menschenleben hat er gefressen!“, so wird ein russischer Häftling und Überlebender des KZ Flossenbürg zitiert.

Weiter unterhalb auf dem Gelände der Gedenkstätte Flossenbürg im sogenannten Tal des Todes, steht das Krematorium. Hier wurden von den Nationalsozialisten die Leichen der im KZ umgekommenen oder umgebrachten Menschen verbrannt.

Die Häftlinge und das Leben im Lager

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Anfangs waren nur Kriminelle und sog. "Asoziale" im Lager inhaftiert. Später kamen dann immer mehr Menschen dazu, die wegen ihres Glaubens oder ihrer politischen Gesinnung wegen von den Nationalsozialisten verfolgt und eingesperrt wurden. Ein Großteil der Lagerhäftlinge im Flossenbürg kamen aus Osteuropa, v.a. aus Polen und Russland..

Ein bestimmter Teil der Häftlinge wurden von den Nationalsozialisten zu sogenannten  Kapos gemacht. Diese  Häftlinge waren dafür verantwortlich, das Leben der Insassen im Lager nach den Vorschriften der Nationalsozialisten zu regeln und bekamen im Gegenzug dafür spezielle Hafterleichterungen.

Die Kapos gingen ziemlich brutal mit den Häftlingen um. Die Baracken der Häftlinge waren größtenteils  überfüllt und  die Gefangenen bekamen nur wenig zu essen. Wenn die Häftlinge mit ihren Kräften am Ende waren und nicht mehr arbeiten konnten,  brachte man sie in sogenannte Sterbebarracken. Dort ließ man sie ohne sich um die Häftlinge zu kümmern elend sterben. Viele der Insassen des KZ Flossenbürg wurden auch direkt auf dem Hinrichtungsplatz erschossen.

Ein abschließender Gedanke

Natürlich hatten alle von uns schon etwas über die Konzentrationslager gehört und jeder wusste, auch wenn er noch nicht da war, welche Gräueltaten die Nazis dort an unschuldigen Menschen verübt hatten. Doch der Besuch eines solchen Lagers verleiht all dem eine ganz andere Tiefe und Wirklichkeitsnähe. Als die Auszubildenden des Schornsteinfegerhandwerks von der Außenstelle Mühlbach des BSZ Neumarkt auf den Parkplatz fahren, sind sie noch unbeschwert und voller Erwartungen an den Tag außerhalb der Schule. Doch schon bei der Ankunft vor dem Tor wird die Stimmung bedrückter. Jeder weiß, was ihn erwartet, doch trotzdem kann sich niemand das Ausmaß der hier verrichteten Taten wirklich vorstellen. Professionell werden wir über die gesamte Anlage geführt, angefangen mit dem Duschraum über die Gefängniszellen bis hin zum Krematorium und dem Tal des Todes.

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Auch Fragen werden gestellt, die die Klasse recht ernüchtert beantwortet. Der Bezug zur heutigen Zeit konnte ebenfalls sehr anschaulich hergestellt werden - so wird zum Beispiel der Verlust der Gefangenen, die all ihre privaten Besitztümer an die SS verloren, mit dem Verlust des Handys heutzutage gleichgestellt. Dies verdeutlicht den Schülern die Tragweite, weder Briefpapier noch Bilder der Liebsten behalten zu dürfen.

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Nach einer anschaulichen Führung und anschließender Beantwortung all unserer Fragen, was sich teilweise zu einer angeregten Diskussion entwickelte, hatte jeder noch Zeit, sich allein oder in der Gruppe mit dem Thema auseinanderzusetzen und sich die verschiedenen Ausstellungen anzusehen, die sich mit den Gefangenen, ihrem Leben innerhalb  und außerhalb des KZs und den schrecklichen Verbrechen der SS befassten.

Selbst im Bus zurück nach Mühlbach und auch beim Abendessen hängt die ernüchternde Stimmung noch lange nach, und das Thema lässt uns den Rest des Tages nicht mehr so recht los. Insgesamt war es ein bedrückender, aber auch informativer und höchst interessanter Tag, den keiner von uns so schnell wieder vergessen wird.

Julian Schwirtz und Maria Kolb, Auszubildende im Schornsteinfegerhandwerk BKK 11 des Staatlichen Beruflichen Schulzentrums Neumarkt, Außenstelle Mühlbach

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