Jahresbericht Sozialkunde 2013/2014

Sozialkunde - shoppen oder wählen?

Das diesjährige Superwahljahr mit Landtags-, Bundestags-, Kommunal- und Europawahlen brachte die Notwendigkeit mit sich, das „Wählen" und die „Auswahl" zu üben.
Hier hatte die Bundeszentrale für Politische Bildung im Vorfeld jeweils einen „Wahl-O-Maten" entwickelt, der unentschlossenen (Erst-) Wählern helfen sollte, über die Beantwortung von 20 bis 30 Fragen zu bestimmten Themen, zu ihrer jeweiligen politischen Position und damit Partei zu finden. Im Sozialkundeunterricht oder über die homepage der Berufsschule konnten die Schüler diese Möglichkeit des Übens nutzen.

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Gleichzeitig wurde das reale Wählen durch das vom Fachbereich angebotene und begleitete Projekt U18 simuliert. Ziel dieses Projekts war es, die zukünftigen Erstwähler, also Minderjährige, daher der Name U18, auf ihre erste, echte Wahl vorzubereiten damit sie den eigenen politischen Willen formulieren und in eine konkrete Wahlentscheidung umsetzen können. Die provokative Frage „...soll ich wählen oder shoppen?" wird so hoffentlich nicht zugunsten des Konsums beantwortet werden. 

Die wachsende Anzahl gewalttätiger Übergriffe gegen Asylsuchende in Deutschland, der Schweizer Volksentscheid gegen Migranten und der starke Zulauf zu rechtspopulistischen Parteien sind Anzeichen dafür, dass rassistische Einstellungen in Europa auf dem Vormarsch sind.

Umso wichtiger ist es, dass Schüler die politischen Vorgänge dieser Themengebiete nachvollziehen und in den europäischen Rahmen einordnen können. Deshalb wurde in einem 2-tägigen Projekt im Auftrag des Europäischen Parlaments eine EU-Richtlinie in Form eines Simulationsspiels verhandelt, welche innerhalb und außerhalb der EU sehr umstritten war.

Konkret ging es um die Lebensbedingungen für Flüchtlinge während der Bearbeitung ihres Asylantrages. Die Schüler mussten sich dabei mit der Gewährleistung der Menschenrechte, Reisefreiheit, aber auch mit arbeitsmarktpolitischen Aspekten auseinandersetzen (siehe Extrabericht).

Erinnern möchte ich in diesem Zusammenhang an unser Ziel „Schule ohne Rassismus - Schule mit Courage", das neben dem eigentlichen Rassismus auch die Stigmatisierung aller anderen Minderheiten in das Blickfeld rücken will.

Das beinhaltet auch die im Schulalltag täglich wahrnehmbare sexuelle geprägte Diffamierung. Wie weit sexuell geprägte Diffamierungen in der Schule verbreitet sind, zeigte eine Studie eines Psychologenteams aus Berlin auf. Demnach benutzen fast zwei Drittel der Sechstklässler in Berlin Begriffe wie "schwul" oder "Schwuchtel" als Schimpfwörter, 40 Prozent nutzten das Wort "Lesbe". "Dahinter steckt erst mal keine homophobe Absicht. Allerdings hat es dennoch eine homophobe Wirkung", erläutert darin der Psychologe Ulrich Klocke. Für die Schüler, die gerade in dieser Lebensphase ihre sexuelle Identität entdecken, habe das fatale Auswirkungen. Hier gilt es offensiv entgegenzutreten damit sich Stereotype nicht verfestigen können. Wenn das Umfeld Diskriminierung ächtet und nicht darüber hinwegsieht, wenn sie vorkommt, kann sich Diffamierung nicht entfalten.

Auch in diesem Schuljahr nutzte wieder eine Klasse aus dem kaufmännischen Bereich die Gelegenheit, am Programm „Lernort Staatsregierung" der Landeszentrale für politische Bildung in München teilzunehmen. Es ging für einen Tag in die Landeshauptstadt, genauer gesagt ins Bayerische Staatsministerium für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie. Am Nachmittag besichtigten wir dann unter fachkundiger Führung einer Mitarbeiterin der Landeszentrale die Bayerische Staatskanzlei (siehe Extrabericht).

Es ist inzwischen eine schöne sozialkundliche Tradition an der Berufsschule Neumarkt geworden, Berlin als Ziel politischer Bildung zu besuchen. Die Industriekaufleute der WIN 11c fuhren in diesem Schuljahr von Mittwoch, 21. Mai bis einschließlich Samstag, 24. Mai in die Bundeshauptstadt zu einer politischen Bildungsreise. Dort hatten sie auf Einladung von Herrn MdB Alois Karl die Möglichkeit an einer Bundestagsdebatte teilzunehmen und den Reichstag mit der Kuppel zu besichtigen. Außerdem nahm sich Herr MdB Alois Karl die Zeit, die Schüler in einem persönlichen Gespräch in die des politischen Geschehens in Berlin einzuweihen. Herzlichen Dank auch für die finanzielle Unterstützung durch das Abgeordnetenbüro.

Neben diesen bundespolitischen Inhalten wurden auch Themengebiete im Zusammenhang mit der deutschen Vergangenheit (Besuch Gedenkstätten, Mauermuseum etc. ...) erschlossen. Besonders beeindruckend war der Besuch des Stasigefängnisses Hohenschönhausen. Selbstverständlich endete unser politisches Interesse nicht bei Dämmerungsbeginn, so dass wir auch Berlin bei Nacht erkundeten und u.a. das Musical „Hinterm Horizont" mit den Hits von Udo Lindenberg besuchten.

Ich würde mich sehr freuen, wenn die Möglichkeiten solche Bildungsfahrten, durchzuführen, also raus aus der Schule - rein ins politische Leben noch sehr viel mehr genutzt würden. Ich bin mir sicher, dass diese Eindrücke weit über die Berufsschulzeit in Erinnerung bleiben und damit vielleicht zu stärkerem politischen Engagement führen können.

Aber meistens muss es gar nicht die große Politik sein, die Inhalt unserer Bemühungen ist. Auch wenn es manchen Leser vielleicht erstaunt, aber die Fähigkeit der vollständigen Nennung der Bundesländer Deutschlands mit ihren jeweiligen Landeshauptstädten ist nicht nur für die Mehrheit der Auszubildenden keine Selbstverständlichkeit. Es wäre viel geschafft, wenn es noch besser gelänge, die wesentlichen strukturellen, politischen Inhalte in der Breite der verschiedenen Ausbildungsberufe in dem dafür vorgesehenen Sozialkundeunterricht der 11. Klasse nachhaltiger zu vermitteln. Dazu bedarf es noch mehr politischer Impulse in Form von Teilhabe und regelmäßiger Bezugnahme auf die Lebenswelt der Auszubildenden.

Ein informierter und interessierter Staatsbürger zu sein, der befähigt ist an gesellschaftlichen Entscheidungsprozessen kritisch und begründet mitzuwirken, das ist etwas, das einem jungen Menschen mit ins Leben gegeben werden sollte. Der Sozialkundeunterricht sollte daran mitwirken, dass sich junge Staatsbürger um die eigenen Angelegenheiten kümmern.

Herzlichen Dank an viele Kollegen für die wertvolle tägliche Arbeit und so manch hilfreichen Hinweis, wenn es um die Belange des Fachbereichs Sozialkunde ging.

Besonders bedanken möchte ich mich bei Herrn StD Walter Janka, der sich als Projektleiter „Referenzschule für Medienbildung" sehr um den Fachbereich Sozialkunde bemühte.

Bedanken möchte ich mich auch bei der Schulleitung, die den Fachbereich uneingeschränkt unterstützte.

Trappe
Sozialkundefachbetreuer

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