"Nie wieder Krieg"

Veröffentlicht in Berufliches Schulzentrum Aktuelles

Eröffnet wurde die Veranstaltung durch den Schulleiter, Herrn OStD Albert Hierl, der in seiner Rede neben einem kurzen historischen Rückblick, die unmittelbaren Folgen für die Opfer der nationalsozialistischen Herrschaft in den Vordergrund stellte. Daneben beschrieb er aber auch die Folgen dieses Krieges für die Neumarkter Bevölkerung. Um den Anwesenden einen Eindruck zu verschaffen, wie Neumarkt am Kriegsende ausgesehen hatte, stellte er verschiedene Ansichten Neumarkts in einer PowerPoint Präsentation vor. Er betonte die Wichtigkeit einer Erinnerungskultur, um die Irrtümer der Vergangenheit nicht zu wiederholen. Es dürfe nie wieder passieren, dass Minderheiten verfolgt werden. Gerade als Mitglied im Projekt „Schule ohne Rassismus, Schule mit Courage" gelte es, hier sehr wachsam zu sein. Mit einem Dank an die Teilnehmer, Organisatoren und Sponsoren übergab er das Wort an Herrn Wiedemann.
Herr Wiedemann, gelernter Industriekaufmann und jetziger Textileinzelhändler in Hersbruck, erinnerte sich, wie er als 15-jähriger beim sonntäglichen Wanderausflug („... manche von Euch kennen das vielleicht noch ...") an einem Gedenkstein vorbeikam auf dem stand: „Zum KZ-Mahnmal". Auf Nachfragen bekam er Antworten wie: „ ...hm, war schlimm...", „...wollen wir nicht darüber reden ...".

Das machte die Sache für ihn aber nur noch interessanter. Seitdem engagiert er sich für die Bewahrung der Erinnerungen an das KZ-Außenlager Hersbruck.
Nachdem er die Geschichte des Lagers und die daran beteiligten Firmen (AEG, HOCHTIEF ...), kurz vorgestellt hatte, bedauerte er sehr, dass sich diese Firmen nach Ende des 2. Weltkrieges lange nicht zu Ihren Zwangsarbeitern bekannt hätten.

Die Häftlinge mussten Stollen in den Doggersandstein treiben, in denen die Flugzeugmotoren der Firma BMW hergestellt werden sollten. Das heute noch verwendete BMW-Markensymbol sei ein stilisierter Propeller, da BMW früher hauptsächlich Flugzeugmotoren herstellte. Als Anschauungsmaterial hatte er einen originalen Bohrer mit Bohrstange dabei, mit dem die Häftlinge damals den Fels bearbeiten mussten. Das Gewicht dieses Geräts lässt einen erahnen, wie anstrengend diese Arbeit war.

Die Lagerleitung kalkulierte bzgl. des Arbeitskräftebedarfs mit einer durchschnittlichen Überlebenszeit der Häftlinge von 3 Monaten. Tagesration 1000 Kalorien. Im Februar 1945 sei das Lager mit 6.000 Häftlingen belegt gewesen, obwohl es nur für 2.300 geplant war. Kurz bevor das Lager von den Amerikanern befreit wurde, seien die Häftlinge noch auf die sogenannten Todesmärsche geschickt worden, deren Routen auch über Lauterhofen und Kastl gingen.
Sehr problematisch sei für ihn der Umgang mancher Mitmenschen mit der Vergangenheit. So erzählte er von zwei gepflegten älteren Damen, die der Meinung waren, eine Ausstellung über das Lager Hersbruck brauche man nicht und ein Denkmal brauche man auch nicht. Ebenso ärgere es ihn noch 12 Jahre nach der Eröffnung der Frankenalb Therme, dass bei der Eröffnungsveranstaltung keine Gedenkminute für die Häftlinge des Lagers abgehalten worden sei, obwohl das Bad auf dem Gelände des Lagers errichtet wurde.

Herr Wiedemann sieht die Aufgabe des Vereins aber nicht darin, jemandem einen Vorwurf wegen seiner Vergangenheit zu machen, sondern er hält die Erinnerungsarbeit des Vereins deshalb für so wichtig, weil sie hilft zu vermeiden, die Fehler der Vergangenheit noch einmal zu machen.
Leider stehe es aber mit den finanziellen Möglichkeiten des Vereins nicht zum Besten, so dass er sich mehr Unterstützung durch die Politik wünsche.
Als sehr positiv nehme er aber das Engagement der Schüler des Gymnasiums Hersbruck wahr, die in einem Projekt einen Audioguide für die Ausstellung entworfen haben. Außerdem veranstalte die Politik immer am 09. November eine Gedenkfeier am Mahnmal.

Mit einem aktuellen Bezug, der Leserbriefauseinandersetzung über eine mit SS-Runen gestaltete Grabstelle in Hersbruck endet sein Vortrag.
Nach einem weiteren schön vorgetragenem Musikstück stellte Frau Mair kurz sich selbst und ihre Begleiterin Frau Franz vor, erzählte von ihren Begegnungen mit Nazis und ging auf die „Kameradschaft Altmühltal" ein, die im Großraum Neumarkt sehr aktiv seien. Daneben ging sie auch auf die Rassenlehre der Nazis ein und erklärte den Schülern, dass es keine Rasse gebe: „Rasse ist eine Erfindung von Rassisten. Es gibt keine Arier! "

Anhand von alten Familienbildern beschrieb Frau Franz ihre Familie bzw. ihre persönliche Geschichte. Geboren 1940 in Fulda, wurde sie 1943 von der SS verhaftet und ins Konzentrationslager Ausschwitz-Birkenau deportiert, wo sie die Nummer 4167 in ihren linken Arm tätowiert bekam. Es fällt Frau Franz sehr schwer, über die Nummer zu sprechen, die sie seit 75 Jahren täglich an diese Zeit erinnert.

Frau Franz wurde zusammen mit ihren Eltern und Geschwistern in Block 25 einquartiert. Die Schwester von Frau Franz verstarb nach 6 Wochen im Alter von 12 Jahren an Typhus.

Ihr Vater wurde kurz darauf in ein anderes KZ verlegt. Ihre Mutter war durch die schlechte Ernährung und die Krankheiten, die im Lager grassierten, sehr schwach. Trotzdem musste sie schwer arbeiten. In Erinnerung ist Frau Franz noch eine Frage, die sie ihrer Mutter stellte. Sie wollte wissen warum auf dem KZ-Gelände „ ...immer Feuer brenne und Rauch aus dem Schornstein komme ...". Ihre Mutter antwortete ihr, dass dort Brot gebacken würde.

Von Ausschwitz wurden sie dann 1944 ins Frauen-KZ Ravensbrück gebracht. Dort musste ihre Mutter weiter schwere körperliche Arbeit verrichten bevor sie Anfang 1945 ins KZ Bergen-Belsen verlegt wurden. Dort verstarb ihre Mutter an den Folgen der Gefangenschaft. Die 5-jährige Eva Franz bat ihre Mutter, doch die Augen wieder aufzumachen, „...aber sie machte die Augen nicht wieder auf ...".

Um Eva kümmerte sich eine andere Lagerinsassin, die versprach, dass die Mama wieder komme. „Aber die Mama kam nicht wieder". Nach ein paar Wochen wurde das Lager befreit und Eva sollte anschließend nach Amerika kommen, wo sie von einer amerikanischen Familie adoptiert werden sollte. Zum Glück kam ihr Vater noch rechtzeitig um sie zurück nach Fulda zu holen. Frau Franz lebt heute in der Nähe von Nürnberg, ist verheiratet und hat zwei Söhne und drei Mädchen bekommen. Ihren Kindern hat sie lange nichts von ihrer Vergangenheit erzählt, weil sie nicht wollte, dass ihre Kinder einen „...Hass auf die deutsche Bevölkerung ..." bekommen. Erst als eine Tochter Frau Franz zu einem Vortrag begleitete, erfuhren die Kinder von der schmerzhaften Vergangenheit ihrer Mutter.

Gegen Ende der Veranstaltung trug die Schülerband noch das teilweise selbstkomponierte Lied „Sag es mir" vor. Nach der anschließenden Fragerunde und dem Abschlusslied „We are the world" betonte Herr Hierl, wie wichtig solche Zeitzeugenvorträge seien, um junge Menschen zu sensibilisieren und aufmerksam zu machen, damit solche Ausgrenzungen nie wieder passieren.

Herzlichen Dank allen Beteiligten für die sehr informative und zugleich berührende Veranstaltung.

Trappe

Sozialkundefachbetreuer

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